Feder schreiben

„Gehst mit auf den Tulbinger Kogel?“, mein ältester Sohn ruft an. Es ist 14.00 Uhr. Gerne komme ich mit. Wir schreiben den 3. Jänner 2021, mitten in der Corona-Pandemie. Nach dem Weihnachtslockdown darf sich derzeit die engste Familie treffen. Wir treffen uns in Tulbing vor dem Sportplatz. Es ist grau, nebelig, feuchtkalt. Der Boden ist gatschig. Ich trage die schwarzen Waldviertler-Stiefel. Die Enkelkinder haben Gatschhosen an. Sie erzählen von Weihnachten, stellen Fragen. Wollen Geschichten hören aus der Zeit, als ich ein Kind war. Ich erzähle gerne. Die Kinder lieben meine Geschichten und ich ihre Fragen.
Es geht bergauf und mir wird warm. Oben am Kogel gibt es eine Jause für die Kinder.
Mein Sohn mochte Gatsch schon als Kind.
Beim Hinuntergehen fängt es an zu regnen. Es ist rutschig. Mal liegt hier einer, mal da eine im Gatsch. Wir lachen viel. Es dämmert.

Unten angekommen sind die Gatschhosen der Kinder bis über den Bauchnabel vollkommen dreckig. Es ist längst dunkel. Mein Schwiegertochter schält die Kinder aus den Overalls und verstaut sie in einem Nylonsack im Kofferraum. Fröhliche Gesichter und rote Wangen. Ich bedanke mich, wir verabschieden uns. Ich fühle mich gut nach der Wanderung. Gut durchblutet. Und ich war mit den Enkelkindern beisammen.

Der Tulbinger Kogel erfährt zur Zeit von Corona ein Revival. In meiner Kindheit war er unser Hausberg. Sonntagswanderungen. In meiner Jugend war er mein Kussberg. Keinen meiner Boyfriends habe ich geschont. Alle habe ich hinaufgeschleppt.

Zur Zeit von Corona ist er mein Gesundheitselixier. Schon im ersten Lockdown, als mein Gefährte grad von Corona genesen war. Da haben wir ihn wieder entdeckt – den Tulbinger Kogel. Ich bleibe ihm seither treu und besuche ihn in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.

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